In den letzten Jahren erlebten besonders zwei Weißweinrebsorten in der österreichischen Sommelerie einen Boom. Wir sprechen von Welschriesling und Furmint. Heute möchten wir uns die zweitere dieser Rebsorten mal genauer anschauen und ergründen, warum diese unterschätzte Sorte auf den besten Weinkarten des Landes nicht fehlen darf.
Historie
Die Herkunft dieser alten Rebe ist unbekannt, aber es gibt darüber zahlreiche Legenden und Mythen. Viele dieser Sagen berichten über einen möglichen Ursprung in Italien und dass italienische Evangelisten ihre Lieblingsrebe mit nach Ungarn brachten. Oder auch, dass der Furmint im 17. Jahrhundert im Zuge der Vermählung der venezianischen Baronin Aurora Katharina Formentini (daher auch angeblich der Name) mit dem ungarischen Magnaten Ádám Batthyány nach Ungarn gelang. Gegen einen italienischen Ursprung spricht jedoch die Tatsache, dass keine genetische Verwandtschaft zwischen Furmint und italienischen Sorten festgestellt wurde. Heute geht man aufgrund von gentechnischen Analysen davon aus, dass Furmint aus der Kreuzung des Heunisch mit einer weiteren unbekannten, vermutlich ungarischen oder rumänischen Sorte entstand.
Ursprung Ungarn
Die frühesten Aufzeichnungen sind unterschiedlich: 1571 und 1623 wird Furmint im ungarischen Tokaj erwähnt. Kein Wunder also, dass Ungarn mit knapp 4.000 ha die mit weitem Abstand größten Rebflächen des Furmints vorweisen kann. 97% hiervon stehen allein in der Region Tokaj. Als fester Bestandteil des legendären Tokajer Süßweins wird er erstmals 1796 erwähnt. Selbst der französische Sonnenkönig Louis XIV betitelte den edelsüßen Tokajer als „Wein der Könige – König der Weine“. Um diese süße Spezialität soll es jedoch in diesem Blog nicht gehen, denn Süßweine haben heute leider so gut wie keine Bedeutung mehr und Geschmäcker verändern sich (Ausnahmen wie Château d’Yquem etc. bestätigen die Regel).
Die Sorte reift früh aus und wird spät reif. Durch den frühen Austrieb ist Furmint anfällig für Frühjahrsfröste sowie Mehltau. Dafür ist er relativ resistent gegen Trockenheit. Die Beeren haben eine besonders dicke Schale, die voller zäher Phenole ist. Durch die späte Reife wird die Schale aber recht weich und ist daher besonders anfällig für Botrytis (Edelfäule). Essentiell für edelsüße Weine.
Ähnlich wie Pinot Noir ist der Furmint eine Diva im Weingarten und muss aufwendig umsorgt werden, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Da Winzer den großen Arbeitsaufwand oft meiden wollten, wurde der Furmint vielerorts gerodet und durch anspruchslosere Sorten ersetzt. Jedoch setzten, vor allem namenhafte Winzer, verstärkt wieder auf den Furmint. Die Trauben erzeugen nur wenig Zucker und behalten immer eine gute Säure, sowie eine feines Tannin. Eine bessere Grundvoraussetzung hat kaum eine andere Weißweinsorte für warme Weinbauregionen. Im Zuge des Klimawandels, mit weiterhin steigenden Temperaturen, hat zumindest der Furmint eine vielversprechende Zukunft vor sich. Von 2000 (3.481 ha) bis 2010 (5.259 ha) stieg die weltweite Anbaufläche vom Furmint um über 50% (1.778 ha).
„Furmint ist so etwas wie der Endgegner für jeden Winzer.“ - Michael Gross.
Aber selbst im Tokaj ist man auf Stilsuche. Winzer wie Szepsy gehen neue, progressive Wege und haben den trockenen Furmint salonfähig gemacht. Neben Ungarn hat sich vor allem Slowenien als Anbaugebiet für Furmint etabliert. Die Legende besagt, dass die Franzosen bei der Besetzung des heutigen Sloweniens im Jahr 1809 zum ersten Mal Furmint probiert haben. Der Wein schmeckte ihnen so gut, dass sie vor Freude ausriefen: "C'est si bon!", woraus der Name Šipon abgeleitet wurde. Šipon ist heute noch das gängige Synonym für den Furmint in Slowenien. Ein deutsches Synonym für die Rebsorte lautet Zapfner und in Österreich ist der Furmint unteranderem auch als „Mosler“ seit 1987 wieder als Qualitätsweinsorte zugelassen. Insgesamt gibt es über 130 Synonyme für den Furmint.
Alles kann, nichts muss
Es gibt wenige Rebsorten, die wirklich alles können. Furmint gehört jedoch dazu. Aus dieser Sorte kann man aufgrund der hohen Säure von hervorragenden Schaumweinen in der methode champenoise und langem Hefelager bis hin zu genialen botrytisierten Süßweinen so ziemlich alles auf die Flasche zaubern.
In den Zeiten der Soviet Union und Jugoslawiens gab es bereits trockene Furmints. Der Stil dieser Weine war aufgrund der Planwirtschaft und der Genossenschaften relativ gleich: dünne und belanglose Weine wurden erzeugt. Masse statt Klasse. In den falschen Händen kann Furmint auch ein wirklich einfacher und unbedeutender Wein sein. Sobald sich jedoch handwirkliche Weinbauern dieser historischen Sorte widmen, können auch herausragende Weine entstehen. Neben geeigneten Lagen (warm, kalkreich) braucht man aber mit der Lage bestens abgestimmte Unterlagsreben und geeignetes Traubenmaterial, um Weltklasse Weine erzeugen zu können. Dabei ist die Klonenselektion in Abstimmung mit den Unterlagsreben ausschlaggebend für spätere Qualität. Hierbei muss man besonders zwei Winzer adeln, die für jahrzehntelange Selektionsarbeit beim Furmint stehen: Szepsy im Tokaj und die Familie Wenzel in Rust. Ohne diese Pioniere, die seit den 1980er an der „Klonenselektion massale“ bei dieser Sorte arbeiten, würde es heute viele der besten Furmints nicht geben. Manche Winzer vertrauen auch auf einen gemischten Klonbestand im Weingarten, damit diese inhomogene Zusammensetzung zur Komplexität der Weine beiträgt. Furmint kann fruchtbetonte, eher einfache Weine aus dem Stahltank, aber neigt auch zu einem eher oxidativen Ausbau im Holzfass. Ob dabei großes oder kleines Holz verwendet wird und wie viel neuer Holzanteil ist natürlich jedem selber überlassen. Aber wenn wir uns ehrlich sind, entstehen die spannungsgeladensten und authentischen Weine im großen gebrauchten Holzfass.
„Furmint is like Chenin Blanc with attitude“ - Hugh Johnson.
Diverse Master of Wine sehen aufgrund der hohen Säure Ähnlichkeiten mit dem Riesling. Vibrierende Säure und knackige, zitrische Fruchtnuancen. Andere sehen gewisse Parallelen zum Chardonnay. Der Hang zum Holz, eine innere Ruhe in den Weinen, Balance, burgundische Finesse und vollmundige Weine stehen dafür. Hugh Johnson bezeichnet den Furmint ganz passend als „Chenin Blanc with attitude“. Ausdrucksstarke Weine, die ihr Terroir transportieren können. Dabei langanhaltend, mit starkem Säuregerüst und gewisser Fülle - Weine mit super Reifepotential.
Für eine gelungene Weinbegleitung braucht es nicht viel mehr als Furmint. Als Aperitif einen feinen Sprudel, anschließend etwas Leichteres, Fruchtbetonteres. Präsente Zitrusaromatik und Aromen von grünem Apfel, Ingwer, Quitte und Birne könnten aus dem Glas zu vernehmen sein. Danach entweder ein extraktreicher, holzbetonter und cremiger Stil oder ein Wein der für Finesse, Struktur, Tiefe und Vielschichtigkeit steht. In einer Blindverkostung könnte man solche Furmints neben ihrer prägnanten Säurestruktur und der Vollmundigkeit anhand folgender Nuancen erkennen: Gewürznoten, Orangenzesten, Pfirsich, Nuss, Honig, mineralische Anklänge, gewisse Rauchigkeit und Würze. Ein Tokajer könnte den süßen Abschluss darstellen. In welcher Form auch immer - ob Aszu, 5 oder 6 Puttonyos oder sogar eine Essencia - jedem das seine.
Wir hoffen, dass wir auch euch in den Bann dieser grandiosen Rebsorte ziehen konnten! Wer bis jetzt noch keinen Furmint probiert hat, sollte das unbedingt nachholen.
Unsere Empfehlungen: Vino Gross und Winez.
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